Steven Chu, Physik Nobelpreisträger, zur Energiepolitik

Steven Chu ist ein amerikanischer Physiker und Politiker, der am 28. Februar 1948 in St. Louis, Missouri, geboren wurde. Er war von 2009 bis 2013 unter Barack Obama der 12. US-Energieminister und der erste Wissenschaftler in diesem Amt. Chu ist bekannt für seine Arbeit im Bereich der Physik und erhielt 1997 den Nobelpreis für Physik zusammen mit Claude Cohen-Tannoudji und William D. Phillips für die Entwicklung von Methoden zum Kühlen und Einfangen von Atomen mit Laserlicht. Vor seiner Zeit als Energieminister war er Professor für Physik und Molekulargenetik an der University of California, Berkeley, sowie Direktor am Lawrence Berkeley National Laboratory.

Steven Chu hat sich jetzt zur deutschen Energiepolitik geäußert. Deutschland könne seine Klimaziele ohne Kernenergie nicht erreichen, und dem Land dringend geraten seine Entscheidung zu überdenken. Eine hoch industrielle Gesellschaft müsse begreifen, dass preisgünstige Energie permanent zur Verfügung stehen sollte, da viele Industrieanlagen auf Engpässe der Energielieferung nicht kurzfristig reagieren könnten. Er sagt, es gibt Industrieanlagen „die man nicht einfach ein- und ausschaltet, nach dem Motto: Ups, wir haben gerade keinen Strom mehr, also fahren wir sie mal für einen Tag runter. Selbst eine Montagefabrik, eine Autofabrik oder eine Halbleiterfertigungsanlage benötigt extrem stabilen Strom“. Wenn sie das nicht bekämen, dann „werden sie erheblich beeinträchtigt. Das könnte zu einer Abwanderung der Schwerindustrie aus Deutschland führen, und das wäre für die deutsche Wirtschaft katastrophal. Wenn einzelne Leute also sagen, sie wollen dies nicht, sie wollen das nicht, sie wollen keine Atomkraft, sie wollen auch keine Kohle, sie können alles mit erneuerbaren Energien hinbekommen, dann betreiben diese Menschen offenkundig keine Halbleiterfabriken, keine Chemiefabriken oder Fertigungswerke“.

Chu geht weiter in seinen Ausführungen gegenüber der „FAS“ und sagt: „Wollen sie eine prosperierende Wirtschaft, wollen sie Arbeitsplätze und Wohlstand erhalten und gleichzeitig ihre Klimaziele erreichen, oder wollen sie nur ihre Klimaziele erreichen?“ Wenn man beides wolle, dann sehe die Atomkraft „nicht mehr so übel aus“.

Zur Gefährlichkeit der Atomkraft meint er, dass selbst in Fukushima, wo radioaktives Wasser ins Meer gelassen wurde, das Essen von Fisch dort deutlich weniger belastend sei, als Bananen oder chinesischer Blätterkohl, der radioaktives Kalium enthalte.

Zur weiteren Gefährlich der Atomenergie bemüht er eine Statistik, die Todesfälle pro erzeugter Terawattstunde Strom ausweist. Braunkohle liegt bei 33 Todesfällen, Steinkohle 25, Öl bei 18, während Holzpellets, Biomasse oder das Verbrennen von Holz bei 4,6 liegen. Wasserkraft 1,3 (z.B. wegen Dammbrüchen) und die Atomenergie bei 0,03 Todesfällen, alle Atomunfälle auf der Welt zusammengerechnet. Die Kernkraft liege damit zwischen Wind und Sonne, und sei sogar etwas sicherer als die Windenergie – gemäß vorliegender Statistiken.

Er glaubt auch, dass die Entsorgung des Atommülls gelingen könne, da Techniken vorhanden seien, diese in kilometertiefen Endlagerstätten zu entsorgen. Ökologische Landwirtschaft und Energiegewinnung sei für sehr wohlhabende Nationen durchaus möglich, aber nicht für eine Menschheit die sich auf die 11 Milliarden zubewegen würde – und zur Sicherung des Wohlstandes würde die Atomenergie nicht schlecht aussehen.

Weiterhin übt er harte Kritik an Menschen, die viele Falschinformationen veröffentlichen würden. Wenn diese Leute vernünftig wären, was viele nicht seien, dann würden sie die Atomenergie der Alternative vorziehen, nämlich Gaskraftwerken, deren Treibhausgase man abscheiden muss.

Wer Erdgas ohne Abscheidung wolle, sei nicht wirklich am Klima und an Nachhaltigkeit interessiert, sagt Chu. Die Haltung der deutschen Grünen sei nicht mit „unserer zukünftigen Realität vereinbar“, mit „steigendem Wohlstand, steigendem Energiebedarf“.

Das lesenswerte Interview im Original bei der FAZ finden Sie hier.

Dazu eine hervorragende Analyse der wirtschaftlichen Situation, ebenfalls in der FAZ hier.

Das könnte dich auch interessieren …

Eine Antwort

  1. schollibert sagt:

    Thema ist in Deutschland (fast) durch. Der Bau neuer AKWs dauert Jahrzehnte und ist extrem kostspielig, versichern tut die Dinger niemand mehr in der freien Wirtschaft, zu hohes Risiko. Die Endlagerung des radioaktiven Materials ist noch nicht abschließend geklärt, es sei denn man schafft es die Brennstäbe in den neuen Kraftwerken bis auf letzte Fitzelchen abzubrennen (geht aber meines Wissens noch nicht). In dieser Hinsicht ist mir der Artikel zu einseitig. Die Sinnhaftigkeit der Abschaltung vorhandener Kraftwerke ohne alternative Energiequellen oder die notwendige Infrastruktur zu besitzen steht auf einem anderen Blatt, war für mich auch hirnrissig, die alten AKWs hätten noch weiter laufen sollen. Beim Bau neuer Teile bin ich kritischer. Insgesamt macht es halt der Gesamtmix der intelligent sein sollte, und nicht nur auf ein Pferd setzen, welches noch nicht mal gesattelt ist, also nur auf regenerative Quellen. Noch blöder ist natürlich alte Kohlekraftwerke wieder zu reaktivieren oder Atomstrom aus dem Ausland zu beziehen. Das ist dann grotesk.

Sorry, kopieren funktioniert nicht !
Consent Management Platform von Real Cookie Banner