Südtirol – ein Radfahrparadies

Radfahren in Südtirol ist tatsächlich einzigartig – eine Kombination aus landschaftlichen Kontrasten der Alpenberge mit flachen Touren, z.B. entlang der Etsch, oder auch knackig in den Bergen, kultureller Mischung italienischer und tiroler Lebensweise, und hervorragenden Radwegen. Man kann entlang von Flüssen, durch Weinberge, über Alpenpässe oder in flachen Passagen der pittoresken Täler die Dolomiten oder andere Berge genießen. Die Infrastruktur generell ist herausragend. Neben dem perfekt ausgeschilderten und ausgebauten Radnetz gibt es unzählige Übernachtungsmöglichkeiten, Gastwirtschaften, Radverleihstationen und Transportoptionen, so dass für alle Ansprüche, vom ambitionierten Urlauber bis zum verwöhnten Genießer, gesorgt wird. Gastfreundschaft wird groß geschrieben, Radfahrer sind herzlich willkommen, ob in den größeren Metropolen Meran und Bozen, in den schönen Städten entlang der Etsch oder Weinstraße, oder in den Nebentälern.

Wer im Internet nach Tourenvorschlägen sucht wird unzählige Vorschläge bekommen. Wir fassen die drei Top-Klassiker zusammen. Auf diesen Routen bekommt man einen guten südtiroler Radeinblick, und geben zusätzlich noch einen Geheimtipp.

Optimal gewählte erste Lokation einiger Touren mit tollem, morgendlichem Frühstücksblick. Gegenüber weit, weit unten Dorf Tirol. Weniger toll und eher suboptimal die am Ende des Tages noch nötigen 600 Hm zum Hochkraxeln (ohne Hilfsmotor), um den darauf folgenden morgendlichen, tollen Frühstücksblick wieder genießen zu können. Nun denn, man hatte ja schon so eine Vorahnung…..
Südtirol – nach „getaner Arbeit“

Vom Reschensee nach Meran (ca. 80km lang):

Bild unten: Hier geht es im Prinzip los. Aber bitte nicht in den See radeln, der Radweg führt „drumrum“.

Fangen wir mit der Landesgrenze am Reschensee an. Wer nicht über den Brenner nach Südtirol reist, sondern über den Reschenpass kommt, kann theoretisch direkt dort auf einem überwiegend hervorragend, aber leider nicht immer ausgebauten Radweg starten. Alternativ kann man sich von einem der vielen Anbieter mit seinem Radl hochtransportieren und dort absetzen lassen. Vom auf der Passhöhe gelegenen Reschensee bis Meran geht es meist moderat abfallend zu, so dass auch nicht ganz so ambitionierte Radfahrer den Weg recht locker schaffen können. Trotzdem sind einige Dinge zu beachten. Der Weg verläuft überwiegend leicht abfallend oder sogar flach durch das Vinschgau, allerdings gibt es zwei echte Rampen. Ab dem Haider See (direkt hinter dem Reschensee) bis Glurns geht es auf ca. 10km Länge rund 500 Höhenmeter runter, darunter auch steilere Passagen (je nach Route bis zu 15 Prozent und mehr). Die zweite Rampe befindet sich kurz vor Meran, bzw. Algund. Auch hier geht es auf kurzer Strecke über 200 Höhenmeter runter, ab und an sogar recht eng. Beide Passagen sind wirklich nicht schwierig zu meistern, man sollte es aber wissen und darauf vorbereitet sein. Im Umkehrschluss bedeutet das, wer von Meran zum Reschensee pedaliert muss die Muckis an diesen Stellen schon ziemlich solide einsetzen oder hat ein E-Bike mit ordentlicher Steigungsleistung, der restliche Teil geht dann dafür auch recht locker hoch. Profis wissen das natürlich, die Knallharten unter den Radlern biegen bei Schluderns eh ab und führen ihre Spazierfahrt dann noch geschwind das Stilfser Joch hoch. Gut zu wissen ist aber auch, dass zwischen Prad und Schlanders der Radweg nicht immer asphaltiert ist, für Rennradler also nicht ideal. Hier kann auf Straßen ausgewichen werden, oder man riskiert eben einen Platten an den dann wenigstens landschaftlich schönsten Abschnitten, sofern man nicht breitere und pannensichere Reifen montiert hat. Aber in schöner Umgebung wechselt man doch den Schlauch viel lieber und wesentlich gut gelaunter als auf einem schnöden, sonstigen Teilabschnitt. Fazit: Sehr schöner, im Prinzip einfach zu fahrender Radweg in Südtirol (zumindest vom Reschensee in Richtung Meran). Nähere Infos hier oder hier.

Meran – Bozen, entlang der Etsch (ca. 32km lang):

Etschtal in Richtung Meran

Sehr einfache, komplett flache und kurze Etappe entlang der Etsch. Dieser Abschnitt dürfte für jeden kaum konditionelle Probleme bereiten, mit E-Bike auch die Rückfahrt nicht. Wer sich die Länge mit Hin- und Rückfahrt von rund 64km nicht zutraut, nimmt für einen Teilabschnitt den häufig fahrenden Zug.

Man fährt im Tal an Obstwiesen und Weinhängen entlang, und kann viele schöne Ortschaften besichtigen, z.B. Terlan, Andrian, Nals, Vilpian, Gargazon, Burgstall, Lana, Sinich und und und.

Etwas was Touristikmanager vielleicht nicht so gerne lesen, aber tatsächlich der Fall ist – die Fahrt aus Meran heraus oder auch die Peripherie von Bozen ist nicht so schön romantisch wie man sich das eventuell vorstellt. Wer etwas über den Tellerrand hinaussieht (oder auch mal von der Hauptroute kurz abzweigt) wird neben dem starken Verkehr auch viele Industrie- und weniger ansehliche Wohnanlagen bemerken. Südtirol hat viele Facetten, und ist eben auch industriell ziemlich gut aufgestellt. Irgendwie muss ja auch die gute Infrastruktur erarbeitet werden. Das sollte aber nicht abschrecken, diese Tour ist bis auf die kurzen, besagten Abschnitte eine Bilderbuchstrecke. Mehr Informationen hier.

Einmal um den Mitterberg – ein absolutes Highlight (ca. 46km lang, 360Hm):

Der Mitterberg trennt ab Bozen das etwas höher gelegene Überetsch vom Südtiroler Unterland und verwehrt somit Eppan und Kaltern an der Weinstraße den Blick auf die Etsch. Die Tour ist deswegen ein Highlight, da sie zwei schöne Teilabschnitte von separaten Touren zusammenfasst, und zwar einen Teil vom Radweg „Unterland, Bozen – Trient“ und einen Teil vom Radweg „Überetsch, Bozen – Kaltern„.

Mitterberg links, Kalterer See rechts, unsere persönliche Topempfehlung als Radtour – um den Mitterberg herum

Wir empfehlen die Tour gegen den Uhrzeigersinn zu fahren, d.h. von Bozen aus gesehen zunächst Kaltern an der Weinstraße anzusteuern. Der Vorteil ist, dass es hier entlang einer ehmaligen Bahntrasse moderat hoch bis zur Weinstraße geht, während es andersrum vom Kalterer See nach Kaltern hoch durchaus kurze Abschnitte mit Rampencharakter gibt. Neben den Informationen in den o.g. links muss ! gesagt werden, dass in den beschriebenen Tunneln von Bozen hoch zur Weinstraße einer von den zweien zum Zeitpunkt der Tour nicht beleuchtet war, es wurde auf ein paar Metern wirklich stockfinster. Ohne Licht am Fahrrad also echt gefährlich, besonders wenn man von oben mit dem Rad „reinbrettern“ würde. Also hier wirklich aufpassen. Licht am Rad ist Pflicht (so oder so), und bitte von oben kommend nicht in die Tunnel „reinknallen“ – leider fährt nicht jeder mit ausreichender Beleuchtung durch (ohne Licht? Idiotie, ein absolutes „No-Go“!!!).

Tipp: Wer den Mitterberg nicht ganz umrunden möchte kann direkt am Kalterer See die Abkürzung über die Laimburg und Leuchtenburg nach Pfatten nehmen. Die Strecke ist ausgeschildert, kurz (4km über den Berg), aber extrem steil – und damit eine sportliche Herausforderung.

Nicht überraschend: In Südtirol gibt es unzählige Möglichkeiten Rad zu fahren. Neben den aus unserer Sicht beschriebenen drei klassischen Highlights weitere Informationen nochmal hier und hier und hier.

Der Geheimtipp: Das andere Südtirol, aber ganz in der Nähe – Valsugana (Suganertal) ab Trient:

Wer etwas Zeit hat sollte unbedingt die Mühen auf sich nehmen und einen Abstecher in das Valsugana machen. Das Valsugana ist ein noch relativ unbekanntes Seitental des großen Valle dell’Adige (Etschtal) im Trentino. Es beginnt südöstlich von Trient und verläuft entlang des Flusses Brenta in eben dieser Richtung bis nach Bassano del Grappa in Venetien. Von Bassano ist es nur noch ein Katzensprung bis zur Adria. Es stellt damit eine wichtige Verbindung zwischen dem Trentino und Venetien dar, mit bewegter Geschichte zwischen Österreich und Italien.

Was macht dieses Tal so attraktiv aus unserer Sicht? Es gibt einen wirklich perfekten Radweg durch das Tal. Kaum Steigungen sondern meist moderates Gefälle, spektakuläre Aussichten, asphaltiert und gut ausgeschildert sind die besonderen Kennzeichen dieses Weges. Interessante Gemeinden mit bewegter Historie gehören dazu (Infos auch zum Transport der Räder hier).

Empfehlenswert ist der Einstieg bei Levico Terme oder direkt in der Nähe vom Caldonazzosee. Auf keinen Fall raten wir dazu schon ab Trient radelnd zu starten, denn es geht im engen Tal auf den ersten Kilometer glatte 400 Hm hoch, und einen wirklich empfehlenswerten Radweg haben wir neben der autobahnähnlichen Hauptstraße nicht gefunden. Besser deshalb ab Trient z.B. die Bahn benutzen, die generell durch das ganze Tal führt. Ab Levico Terme oder kurz davor kann dann perfekt gestartet und geradelt werden.

Zwei Geheimtipps im Geheimtipp: Neben dem Radweg an der Brent gibt es eine schöne Runde um beide Seen bei Levico Terme. Sie führt um den Caldonazzosee und dem Lago di Levico. Wer mal nicht radeln will kann den Levicosee auch umwandern. Dauert rund 2,5h und ist ebenfalls traumhaft.

Der zweite Geheimtipp führt zum Schluss dieses Artikels. Bei Levico Terme startet der legendäre Aufstieg nach Vetriolo Terme, der schon häufiger beim Giro befahren wurde. Man muss ihn gar nicht mal unbedingt mit dem Rad hochackern – der Anstieg ist wirklich knallhart und selber hab ich ihn nur bis zur Hälfte ausprobiert (mehr wäre an dem Tag nicht mehr drin gewesen) – sondern das Besondere ist u.a. auch die überraschend schöne, kurze Wanderung von Vetriolo Terme zur Lupa del Lagorai, ein wunderschönes Kunstwerk des venezianischen Künstlers Marco Martalar.

Die Wölfin dort steht auf 1600m Höhe und stellte einen wunderbaren, leicht melancholischen Abschluss unserer schönen, erlebnis- und erfahrungsreichen, manchmal nicht nur sportlich auch sehr anstrengenden Tage in Südtirol dar. Ein jeder mag beim Anblick dieses so beindruckenden Kunstwerks seinen eigenen Gedanken nachgehen. Für mich ist sie ein außergewöhnlich gut getroffenes Sinnbild unserer Zeit. Sie steht dort oben, trotzig und anklagend, verletzt und doch so stark als eine Metapher der Natur. Sie steht dort oben und scheint uns Menschen zuzurufen, wissend und warnend, dass wir uns mit ihr zurechtfinden müssen – und was immer wir unternehmen werden, sie wird die Oberhand behalten!

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