Absage an das „Anthropozän“

Jetzt doch kein neues Erdzeitalter, die „Menschenzeit“ als geologisches Zeitalter wurde (zunächst) abgesagt

Mit dem „Anthropozän“ sollte eine „Menschenzeit“ in der geologischen Zeitskala offiziell etabliert und es zur erdgeschichtlichen 5.Epoche erhoben werden. Das ist tatsächlich gescheitert. Geht es noch?

Die Entwicklungsgeschichte der Erde wird aktuell in 4 große Zeitalter aufgeteilt: Erdurzeit, Erdaltertum, Erdmittelalter und Erdneuzeit. Diese wiederum können in zwölf Zeitabschnitte zerlegt werden: Präkambrium, Kambrium, Ordovizium, Silur, Devon, Karbon, Perm, Trias, Jura, Kreide, Tertiär und Quartär. Allen gemein ist, dass sie mit massiven Änderungen im Bereich der Tier- und Pflanzenwelt, der Mineral- und Gesteinsbildung, der Entstehung von Lagerstätten sowie Vorgängen, die die Erdkruste gestalten und/oder des Klimas einhergehen.

Eine Geologen-Kommission hat nun überraschend entschieden: Es fehlten passende Belege für das 5.epochale Zeitalter, das „Anthropozän“.

Über 15 Jahre hinweg hatte ein großes Team von Wissenschaftlern intensiv die Frage untersucht, ob die Menschheit die Erde so einschneidend und langfristig verändert, dass eine neue Erdepoche angebrochen sei. Doch aus alldem wird nun bis auf Weiteres nichts. Denn die Gegner einer neuen Zeitrechnung für die Erde haben den Vorschlag unbefristet auf Eis gelegt. Ein Gremium aus Geologen stimmte gegen den Vorschlag, wie ihn die von der Internationalen Kommission für Stratigraphie beauftragte Anthropocene Working Group (AWG) eingereicht hatte.

Ist der Mensch also nicht dabei, klimatische Veränderungen der Erde zu verursachen, oder prägt sie den Planeten auch darüber hinaus doch nicht entscheidend oder unwiderruflich so, dass z.B. durch Ressourcenverschwendung, Naturzerstörung, Überbevölkerung massive Änderungen der Bedingungen resultieren?  

Die Kritiker störten sich an zwei Hauptpunkten des Vorschlags der AWG. Einige Geologen halten es für ausreichend, die „Menschenzeit“ als „Ereignis“ zu bewerten, denn die Veränderungen seien noch nicht massiv genug um ein neues Zeitalter auszurufen. Zum anderen missfällt, dass die AWG den Startpunkt des Anthropozäns auf Anfang der Fünfzigerjahre gelegt hat. Die Kritik, dass dies den menschlichen Einfluss verzerre, der ja schon viel früher begonnen habe, genau genommen mit der neolithischen Revolution, auf jeden Fall aber mit der Industrialisierung. Erdepochen würden für große Einschnitte in der Erdgeschichte stehen. Sie sind schlicht nicht davon überzeugt, dass konkret die Mitte des 20. Jahrhunderts einen derart gewaltigen Einschnitt darstellen würde.

Befürworter der neuen Epoche sagen dagegen: Es sei zweifelsfrei belegt, dass sich die Erde außerhalb der relativen stabilen Umweltbedingungen des Holozäns (aktuelles Zeitalter) befinde. Die Veränderungen des Erdsystems, die das Anthropozän (=Menschenzeitalter) kennzeichnen, seien insgesamt unumkehrbar, eine Rückkehr zu den stabilen Bedingungen des Holozäns nicht mehr möglich. Es gebe zudem mehr als 100 langlebige Spuren menschlichen Handelns in den Sedimenten, darunter anthropogene Radionuklide, Mikroplastik, Flugasche und Pestizidrückstände. Die meisten nähmen in der Mitte des 20. Jahrhunderts stark zu.

Auch die Gegner des Anthropozän-Vorschlags bezweifeln nicht, wie grundlegend die Menschheit die Erde verändert. In den Naturwissenschaften herrscht weitgehend Einigkeit, dass der menschengemachte Klimawandel, der rapide Verlust von Arten, Veränderungen in den Landschaften und Meeren der Erde sowie neuartige Chemikalien zusammengenommen zu einer tiefgreifenden Umweltsituation führen kann, die selbst die menschliche Zivilisation bedroht. Überall auf dem Planeten wäre der Einfluss des Menschen nachhaltig und dauerhaft nachweisbar.

Alles also nur geologische Wortklauberei?

Nein. Manche Dinge dauern eben länger. Dem geozentrischen Weltbild, die Erde also im Mittelpunkt der Welt um die sich alles dreht, eben dem unmittelbaren Augenschein nach, setzten besonders Kopernikus und Kepler wissenschaftlich bewiesen ein Ende. Es kam das heliozentrische Weltbild mit der Sonne als Mittelpunkt des Sonnensystems (nach beschwerlichen Überzeugungsarbeiten mit z.B. angedrohter Inquisition).

Der Abstammungslehre von Darwin folgte ein schriller Aufschrei. Der Mensch als weiterentwickeltes Tier? Geradezu grotesk und gotteslästerlich – aber letztendlich doch wahr.

Wie lange etwas dauert und in welcher Heftigkeit es stattfindet ist häufig oft Kaffeesatzleserei und natürlich mit Unsicherheiten behaftet. Hysterischer Alarmismus ist genauso fehl am Platze wie offensichtliche Probleme unter den Teppich zu kehren. Wie immer man es jedoch benennt und mit welcher Konsequenz es kommen mag, dem vergangenen Zeitalter folgt spätestens jetzt die Epoche des Anthropozäns.

Quellen u.a.: FAZSpektrum

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Eine Antwort

  1. schollibert sagt:

    Typisch autor halt. Inhaltlich ok, bissle sülzig, aber nun gut, wie er leibt und lebt. Politik und Wissenschaft, ein schwieriges Thema, Glatteisgefahr…..

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